Siemczyno (Heinrichsdorf) - Herrenhaus
Kazimiera Kalita-Skwirzyñska
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Ansicht von der Ost-Seite |
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Kamin im Jägersaal |
Das Herrenhaus in Siemczyno (Heinrichsdorf) bei Czaplinek
(Tempelburg) wurde in den Jahren 1722-26 von Heinrich Bernard von Goltz
gebaut und 1796 von Heinrich August von Arnim ausgebaut
Freiherr Heinrich Bernard von Goltz, der General im
Dienst des polnischen Königs und der Haupterbe der Landgüter im Landkreis
Stare Drawsko, baute das Herrenhaus für seine mehrköpfige Familie. Der
Architekt ist nicht bekannt. Er plante einen geräumigen und zugleich einen
repräsentativen Sitz, der an französische Residenzbauten mit der charakteristischen
Struktur "entre court et jardin" (zwischen Hof und Garten) anknüpfte,
die in Frankreich seit dem 17. Jahrhundert realisiert wurden. Ein typisches
Merkmal dieser Anlage war eine strikte Achsialität, die Anordnung einer
langen Allee vor dem Haupteingang und die Platzierung des Wirtschaftshofes
in einiger Entfernung zum Herrenhaus. An der anderen Seite des Herrenhauses
erstreckte sich ein Garten mit Parterre und mit offenen Sichtachsen. Dieser
Anlagetyp kam nach Pommern relativ spät und wurde Ende des 17. und Anfang
des 18. Jahrhunderts im nah gelegenen K³êbowiec realisiert, das auch der
Familie von Goltz, aber einer anderen Familienlinie, gehörte. Auch architektonische
Formen der hufeisenförmigen Anlage haben eine französische Herkunft. Der
rechteckige Hauptbau bekam gartenseitig zwei Seitenrisalite. Der unterkellerte,
zweigeschossige Baukörper wurde mit einem Mansarddach abgedeckt. Betont
wurde der zentrale Teil mit einem dreieckigen Tympanon, der den Mittelrisalit
mit dem Haupteingang und der vorgelagerten hohen Treppe bekrönte. Die
Seitenteile der Fassade wurden durch flache Rustika-Lisenen und rechteckige
Fenster aufgeteilt: doppelte Fenster am Risalit und einfache an den Seitenflächen
der Fassade. Die Fenster bekamen Umrahmungen mit Schlusssteinen. Der Gartenfassade
war eine Terrasse vorgelagert. In der Mittelachse des Herrenhauses wurde
eine Zufahrtsallee angelegt, die an der Straße ein prächtiges Tor erhielt,
auf dessen Pfeilern Ritterskulpturen standen. Vor der Hauptfassade erstreckte
sich der Ehrenhof "cour d'honneur". Straßenseitig war ihm ein
Vorhof "avant cour" vorgelagert, der mit Hinterhäusern und Wirtschaftsgebäuden
umgeben war.
Die Raumstruktur entsprach den barocken Regeln. Die
Eingangshalle, die Treppe und der Gartensaal mit den flankierenden Zwei-Zimmer-Appartements
lagen in der Mittelachse, die übrigen Räume waren symmetrisch angeordnet.
Im Vestibül fand ein dreiläufiges Treppenhaus mit zwei, auf toskanischer
Säulen ruhenden Arkaden Platz. Das Flechtwerk des Treppengeländers wurde
mit pflanzlichen Ornamenten verziert. Bereits die Bezeichnung der Treppenkonstruktion,
die "französische Treppe", weist auf die Herkunft dieser Lösung
hin. Sie wurde in vielen pommerschen Herrenhäusern in der Zeit um 1700
ausgeführt, z.B. in Ostrowiec, Kamieñ Pomorski, Swobnica und Stolec. Die
Säle wurden mit Stuckarbeiten und Wandmalereien, von denen lediglich nur
ein kleiner Rest erhalten blieb, geschmückt. Erhalten geblieben sind dagegen
drei typische barocke Kamine. Der erste trägt eine Bekrönung aus Marmor
und ist mit Glocken, Muscheln und Akanthusblättern verziert. Der zweite
besitzt ein Relief mit der Darstellung eines Hundes und der dritte wurde
aus sekundär verwendeten weißen, kobaltfarbig handbemalten Delfter Kacheln
mit Szenen und Landschaften hergestellt. Diese Kacheln kamen nach Pommern
als Schiff- Ballastgut aus Skandinavien.
1793 kaufte Heinrich August von Arnim das mit Schulden
belastete Landgut Siemczyno. Mit der Familie von Arnim ist die Erweiterung
des Herrenhauses um zwei Nebenflügel verbunden, die Ende des 19. Jahrhunderts
an die Süd- und Nordfassade angebaut wurden. Die Architektur der beiden
Flügel wurde den barocken Formen des Haupthauses angepasst. Einen weiteren
Umbau realisierte im 20. Jahrhundert der neue Besitzer von Siemczyno,
von Bredow. Vor die Hauptfront stellte er einen Portikus mit vier Pfeilern,
er wechselte Türen und Fenster aus und änderte die Fassadengestaltung
des Südflügels.
Nach 1945 wurde das Herrenhaus vom Landwirtschaftlichen
Produktionsbetrieb genutzt, der lediglich laufende Renovierungen unternahm.
Seit einigen Jahren befindet sich das Herrenhaus und die dazugehörenden
Wirtschaftsgebäude in Privatbesitz.
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