Ralswiek - Herrenhaus
Klaus Winands
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Ansicht von Südwesten |
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Ansicht von Osten |
Bereits seit dem 9./10. Jahrhundert war Ralswiek am
Großen Jasmunder Bodden ein wichtiger Seehandelsplatz, der mit der Christianisierung
durch den Bischof von Roskilde im Jahr 1168 zum Propsteiort erhoben wurde.
Zwischen 1536 und 1891 gehörte Ralswiek mit Unterbrechungen der Familie
v. Barnekow. Nach dem Erwerb durch den geadelten Großindustriellen Hugo
Sholto Graf Douglas im Jahr 1891 begann der repräsentative Ausbau der
Latifundien. Nach dem Vorbild französischer Schlossbaukunst des 16. Jahrhunderts
entwarf der Berliner Architekt G. Stroh 1893/94 einen zweigeschossigen,
turmbewehrten Neubau, der 1913 durch einen Marstallanbau des Architekten
Franz Juhre aus Stralsund erweitert wurde.
Durch zwei Torpfeiler gelangt man auf sich den Hügel
hinauf schlängelnden Wegen an dendrologisch wertvollem Baumbestand vorbei
zum Herrenhaus, von dem man einen herrlichen Ausblick auf den Großen Jasmunder
Bodden hat. Das Herrenhaus besteht aus zwei Flügeln mit Verbindungsbau.
Der Putzbau hat auf der Boddenseite eine neunachsige zweigeschossige Fassade,
die von zwei dreigeschossigen Ecktürmen gerahmt wird. Ein dreiachsiger
Altanvorbau dominiert diese symmetrische Ostseite. Die Westfassade ist
dagegen asymmetrisch, weil an ihr die Kombination aus zwei Baukörpern
des älteren Hauses und des späteren Anbaues ablesbar ist. Die abgewinkelte
Ansichtsseite wird besonders durch einen viergeschossigen Turm mit welscher
Haube bestimmt. Ist das Gebäude auch hauptsächlich der Neorenaissance
verpflichtet, so sind dennoch manche Zierelemente Teile eines Formenapparates,
der seine Vorbilder in verschiedenen vergangenen Stilen findet und dem
eklektizistischen Habitus der Entstehungszeit entspricht.
Im Innern ist eine umfangreiche Ausstattung des belgischen
Künstlers Henry van de Velde (1863-1957) zu finden. Eine geschäftliche
Verbindung von Graf Douglas zu dem Art-Nouveau-Künstler dürfte zu dem
künstlerischen Engagement van de Veldes in Ralswiek geführt haben. Ihm
können aufwändige Wandvertäfelungen mit vergoldeten Ornamenten als Kapitellersatz,
verschiedene Möbel und vor allem die Gestaltung der repräsentativen Treppe
zugeschrieben werden.
Von 1945 bis in die 1990er Jahre wurde das Haus als
Behindertenheim genutzt. Nach Leerstand wurde es umfangreich saniert.
Die Fenster aus der Erbauungszeit sind in ihrer originalen Holzfarbigkeit
erhalten. Das Dach ist mit Schiefer neu gedeckt worden. 2002 konnte es
als Schlosshotel eröffnet werden.
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