Putzar - Schlossruinen
Sabine Horn
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Rechts der Ulrichsbau als gesicherte Ruine,
links der Joachimsbau, 2006 |
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Ulrichsbau |
Das kleine Dorf Putzar liegt am Landgrabental, der
jahrhundertealten Grenze Pommerns nach Südwesten. Es kann vermutet werden,
dass dieser Ort schon seit dem Mittelalter Burgstätte war.
Die Bauherren kamen aus einer der einflussreichsten
Familien in Vorpommern. Der sogenannte Ulrichsbau, das ältere der beiden
Herrenhäuser, wurde um 1540/50 von Ulrich von Schwerin, Großhofmeister
des Pommerschen Herzogs Philipp I., erbaut. Bei dem Ulrichsbau handelt
es sich um einen ursprünglich dreigeschossigen verputzten Bau, überwiegend
aus Feldstein errichtet. Nur Baudetails, wie z.B. Tür- und Fensterlaibungen,
sind aus Backsteinen hergestellt. Sie zeigen Formen des Übergangs von
der Spätgotik zur Frührenaissance, am hervorragendsten erkennbar an der
Stabwerkrahmung des Portals.
Das jüngere Herrenhaus wurde um 1570/80 erbaut. Es
entstand für Joachim, den zweiten Sohn Ulrichs. Der langgestreckte Joachimsbau
wurde als repräsentativer Renaissance- Bau aus Mischmauerwerk errichtet.
Markant ist der asymmetrisch vor die Nordfassade gestellte rechteckige
Turm mit integriertem Wendelstein. An den Außenwänden hat sich an vielen
Stellen der ursprüngliche rauhe "Stupfputz" mit glatten Eckquaderungen
erhalten und tritt unter jüngeren Schichten wieder hervor. Der Bau dürfte
ursprünglich dreigeschossig gewesen sein, eventuell mit zeittypischen
Zwerchhäusern versehen. Das heute vorhandene zweite Obergeschoß des Joachimsbaus
stammt erst aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, als das Anwesen umfassend
modernisiert wurde.
Die figürlichen und ornamentalen Wandmalereien im
Inneren des heute ruinösen Gebäudes bilden besondere Kostbarkeiten des
Joachimsbaus. Im Turm sind Räume mit Kaminanlagen und filigranen Ornamentfriesen
aus der Erbauungszeit im 16. Jahrhundert erhalten. Die qualitätvolle und
farbintensive frühbarocke Wandfassung zeigt musizierende Engel und solche,
die Spruchbänder tragen. Diese Fassungsbefunde besitzen außergewöhnliche
Qualität und gehören zu den bedeutendsten ihrer Art in Vorpommern.
In Folge des Aussterbens eines Familienzweiges ist
der Ulrichsbau schon seit dem 18. Jahrhundert eine malerische Ruine. Der
Joachimsbau war bis vor 40 Jahren noch bewohnt. In den Jahren nach 1945
wohnten Flüchtlingsfamilien im einstigen Herrenhaus. Die Gemeinde als
Eigentümer, überfordert vom angehäuften Sanierungsbedarf, beantragte den
Abriß. Jedoch wurde der Abriß nicht durchgeführt. Das Gebäude wurde als
LPG-Lager für Rüben und Maschinenteile genutzt.
Seit 1992 werden kontinuierlich Maßnahmen zur Sicherung
beider Ruinen durchgeführt. Wandmalereien wurden restauratorisch notgesichert
und Mauerbereiche, besonders Mauerkronen und Stürze, repariert. 1996 erfolgte
am Joachimsbau eine statische Sicherung durch Einbau von Ankern, zum Ende
des Jahres 2003 konnte das dringend erforderliche Notdach errichtet werden,
dass die empfindlichen Wandfassungen vor allzu schnellem Zerfall schützt.
Mit den beiden "festen Häusern" und der Kirche ist ein bedeutendes
Ensemble einer niederadligen ländlichen Residenz der Renaissance-Zeit
erhalten.
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