Neetzow - Herrenhaus
Jan Schirmer
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Herrenhaus |
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Duncker: Ansicht von Westen |
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Eine überdachte Freiterrasse |
Im Peenetal, zwischen Anklam und Jarmen, liegt inmitten
eines englischen Landschaftsparks das Herrenhaus Neetzow. Nordöstlich
vom älteren Gutshof, ließ sich der Rittergutbesitzer Wilhelm von Kruse,
dessen Familie 1784 geadelt wurde und seit 1803 das Anwesen besaß, durch
den Architekten Friedrich Hitzig zwischen 1848 und 1857/58 das Herrenhaus
errichten. Der Schinkel-Schüler Hitzig, der in Berlin im privaten Wohnungsbau
tätig war, übernahm mit diesem Bau seine erste Aufgabe in der preußischen
Provinz Pommern. Nachdem das Herrenhaus 1937 nochmals eine neue Einrichtung
erhielt, wurde Wolf von Kruse, der letzte Nachfahre des Bauherrn, 1945
enteignet.
Über asymmetrischem, breitgelagertem Grundriß mit zahlreichen polygonalen,
zinnenbekrönten Türmen unterschiedlicher Höhe schuf Friedrich Hitzig in
Anlehnung an Schloss Babelsberg eine Verbindung romanischer und gotischer
Stilelemente, wie sie für die Burgenromantik der Zeit typisch geworden
war. Während ein dreiachsiger, das zweigeschossige Gebäude mit Mezzanin
überragender Risalit mit Vorhalle und Altan auf der Ostseite den Hauptzugang
bildet, erhält man auf der Westseite über eine überdachte Freiterrasse
den Blick auf den Park. Auf der Südseite schließt sich das ehemalige Gewächshaus
an.
Mit der Fassadengestaltung aus gelben, unglasierten Klinkern, einem umlaufenden
breiten Terrakottafries mit floralem und figürlichem Dekor, ebensolchen
Säulenkapitellen sowie Rautenmustern und einer blauen Schraffurmalerei
am Nordturm sticht Herrenhaus Neetzow unter den zeitgleichen Herrenhäusern
Vorpommerns hervor. Es ist dabei zu berücksichtigen, dass alle anderen
Hitzigbauten im Land als Putzbauten ausgeführt wurden.
Im Inneren gelangt man über das Vestibül und einen zentralen zweigeschossigen
Kuppelsaal in eine reiche Folge von Sälen mit aufwendigen Stuckdekorationen.
Wie der an das Vestibül anschließende Kuppelsaal mit gläsernem Oberlicht,
so ist auch der Speise- und Tanzsaal in der nördlichen Hälfte des Herrenhauses
ursprünglich zweigeschossig. Während der untere Saal eine Wandtäfelung
und Kamin beinhaltet, weist der obere Saal eine bemalte hölzerne Kassettendecke
und allegorische Wandmalereien auf. Die Erschließung der Obergeschosse
erfolgt über das Haupttreppenhaus im Anschluss an das Vestibül sowie Treppen
im nördlichen und südlichen Turm. Im Obergeschoss befanden sich die Schlaf-
und Gästezimmer des Hauses.
Nach 1945 wurde das Herrenhaus Volkseigentum und war Sitz der Deutschen
Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin und des "Staatlichen
Dorfensemble der DDR". 1964 wurde die Fassade ihrer Fialtürme beraubt,
das Gebäude zu einheitlicher Höhe aufgestockt und das Innere neu gefaßt.
Nach langem Leerstand ging das Baudenkmal 1999 in Privatbesitz über, in
dessen Folge es zwischen 2001 und 2004 saniert wurde. Im Juni 2004 konnte
Herrenhaus Neetzow als Hotel wiedereröffnet werden.
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