Titel

Kurzer Rückblick auf die Geschichte Pommerns

Edward W³odarczyk

Westpommern als eine historische Region hat eine besonders spannende Vergangenheit. Einer der Hauptgründe dafür ist die Tatsache, dass sie das Eigentum mehrerer Völker ist, vor allem des deutschen und des polnischen, aber auch des dänischen und des schwedischen, und in einzelnen Episoden sogar auch des französischen und des russischen.

Die Eigenart der Geschichte Pommers besteht u.a. darin, dass ihre schriftliche Überlieferung bereits im 9. und 10. Jahrhundert begann, als hier slawische Volksstämme lebten. Der Name Pommern ist, wie das von Historikern vermutet wird, polnischen oder sogar großpolnischen Ursprungs. Er bezeichnet ein Land, das sich nördlich von Großpolen (nördlich von Noteæ) bis zur Ostseeküste erstreckt. Diese Bezeichnung wurde später in den historischen Quellen verwendet, zum Beispiel durch den Ge-schichtsschreiber Adam Bremeñski und den Autoren der Hagiographie des heiligen Otto.

Eine der grundlegenden Fragen, auf die die Wissenschaft bis heute keine verbindliche Antwort gegeben hat, ist die Frage nach den Anfängen des Siedlungsprozesses der slawischen Volksstämme auf dem Gebiet des heutigen Pommerns und die Frage nach seiner Gebiets- und Stammesstruktur. In Hinblick auf die zweite Frage können wir nicht feststellen, ob es einst in Pommern überhaupt eine Stammesorganisation gegeben hat, oder aber ob die slawischen Volkstämme zersiedelt waren. Von den über Dutzend pommerschen Volksstämmen wurden in der Zeit zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert lediglich zwei urkund-lich erwähnt: die Pyritzer und die Wolliner. Dem erst genannten Stamm begegnen wir bei dem Bayerischen Geographen aus dem 9. Jahrhundert. Danach wurden sie nicht mehr erwähnt. Die Wolliner machte dagegen der Kaufmann Ibrahim Ibn Jakob bekannt, der im 10. Jahrhundert unter dem Eindruck der mächtigen, an der See gelegenen Stadt stand jener Stadt, die nach seiner Meinung zwölf Stadttore besaß. Die Blütezeit von Wolin (Wollin), die in die Zeit zwischen dem 10. und 11. Jahrhundert fiel, wurde inzwischen in Legenden gepriesen, und durch die reichen archäologischen Funde bestätigt, die von deutschen Wis-senschaftlern begonnen und nach dem zweiten Weltkrieg von polnischen fortgesetzt wurden.

Pommersche Volksstämme kämpften Ende des 10. Jahrhunderts und Anfang des 11. Jahrhunderts mit der Expansion der polnischen Herrscher - Mieszko I. und Boles³aw Chrobry. Trotzt der Niederlage des wendischen Stammverbandes und dann des Lutizenstammverbandes im Krieg gegen Mieszko im Jahre 967, ist den polnischen Herrschern wahrscheinlich nicht gelun-gen, das ganze Pommern und insbesondere die Odermündung zu erobern. Aus diesem Grund wurde nach dem Treffen in Gniezno (Gnesen) im Jahre 1000 das pommersche Bistum in Ko³obrzeg (Kolberg) gegründet. Es scheint, dass nach dem deutsch-polnischen Krieg in den Jahren 1002-1018, Polen für über 100 Jahre seine Macht an der Ostsee verloren hat.

Der erste pommersche, urkundlich (von Thietmar) erwähnte Herrscher war der Herzog Siemys³ (Zemuzil), der in Merseburg beim deutschen Kaiser erschien, um einem deutsch-tschechisch-pommerschen Streit ein Ende zu setzten. Sein Regierungsge-biet und sogar der Sitz seiner Residenz bleiben im Bereich der Hypothesen.

Zur Entstehung der Eigenstaatlichkeit in Pommern und zum Übergang seiner Bevölkerung zum Christentum trugen externe Faktoren bei, darunter die Eroberung des Herzogtums Rügen durch den sächsischen Herzog Heinrich den Löwen (1160) und die Besetzung dieses Herzogtums nach einigen Jahren (1168) von den Dänen. Seine Rolle dabei hat auch Polen gespielt, insbesondere der Herzog Bogus³aw Krzywousty (Schiefmund). Als die Gesellschaft für pommersche Geschichte und Altertums-kunde 1824 in Stettin ins Leben gerufen wurde, schrieben ihre Gründer, darunter Ludwig Giesebrecht und Karl Hasselbach, in ihrem Programm fest: "die Einwohner der Provinz gehören von ihrer Genese her zu den slawischen Stämmen (…), Polen brach-ten uns das Christentum aus dem Osten (…) polnische Herzöge drangen mit ihren Heeren nicht einmal bis an die Oder und gestalteten maßgeblich Beziehungen in unserer Provinz". In der Christianisierung von Pommern spielte Bogislaw Schiefmund eine entscheidende Rolle, indem er den Bamberger Bischof Otto 1124 mit der Umsetzung dieser Aufgabe beauftragte. Das Gefolge des Bischofs wurde bei Stargard vom Herzog Wratislaw I. begrüßt, dem ersten bekannten Vertreter des hiesigen Fami-liengeschlechtes der Greifen. Während seiner Mission gründete Otto in Pommern mindestens elf Kirchen. Er musste allerdings nach einigen Jahren (1128) erneut nach Pommern zurückkommen, weil die Bevölkerung von Pommern im christlichen Glauben zu schwach war und ihre alten heidnischen Götter wieder verehrte. Die zweite Missionsreise Ottos nach Pommern war insofern bedeutend, dass der Bamberger Bischof seine Pläne nicht mehr mit Bogislaw Schiefmud, sondern mit dem deutschen König, der auf die Gebiete westlich der Oder Ansprüche meldete, abgestimmt hat. Im Jahre des Beginns der zweiten Missionsreise Ottos erweiterte Wratislaw I. den pommerschen Staat zulasten der Lutizen, indem er u.a. die Gebiete bis zu der Greifenhager Bucht, dem südlichen Ufer der Havel und teilweise bis zur Spree einverleibte. Der Staat von Wratislaw I. reichte im Osten nicht über das Territorium des Landes Kolberg hinaus. Der Tod Wratislaw I. war der Auftakt zur Aufteilung Pommerns, das lediglich in einigen Perioden wieder zusammengelegt werden konnte. Seine Söhne Bogislaw und Kasimir regierten im Herzogtum Stettin und Demmin, wobei Bogislaw I. kurz vor seinem Tod in ganz Pommern herrschte.

In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurde Pommern zum Eroberungsziel des bereits oben erwähnten Herzogs von Sachsen und Bayern, Heinrich des Löwen, und des dänischen Königs Waldemar. Ständige Kämpfe in Pommern und die Gefah-ren, denen die Region ausgesetzt war, bewogen Bogislaw I., Lehnsmann des Kaisers Friedrich Barbarossa (1181) zu werden. Die Lehnabhängigkeit vom Kaiser konnte Pommern von den Kriegen mit Dänemark nicht verschonen (u.a. die Niederlage der pommerschen Flotte in der Schlacht mit der dänischen Flotte unter der Führung des Bischofs von Roskilde Absalon). Infolge dessen wurde Bogislaw I. im Jahre 1185 zum Lehnsmann von Kanuth. Die über vierzig Jahre währende dänische Herrschaft besänftigte nur scheinbar die Situation in Pommern. Zu Anfang des 13. Jahrhunderts bekamen die Dänen einen Konkurrenten, der ebenfalls Pommern erobern wollte, nämlich Brandenburg. Die dänischen Einflüsse in Pommern begrenzten sich nicht nur auf die politische Abhängigkeit, sondern kamen auch in der Zuwanderung des dänischen Ordens zum Ausdruck, was die Grün-dung der Zisterzienserklöster u.a. in Ko³bacz und Eldena zur Folge hatte.

Aus der Periode der Einführung des Christentums in Pommern ist noch die Entstehung des pommerschen Bistums zu erwäh-nen. Seine Gründung war ein Auslöser der Auseinandersetzungen wegen den Kompetenzbereichen mit den Erzbistümern in Gniezno (Gnesen) und Magdeburg. Der Sitz des Bistums wurde zweimal verlegt: zuerst aus Wolin (Wollin) nach Grobe und dann 1175 nach Kamieñ Pomorski (Cammin). Mit der Entscheidung des Papstes Klemens III. wurde das Bistum direkt dem Vatikan unterstellt.

Im 13. Jahrhundert tritt die Periode der Abschwächung der dänischen Macht im südlichen Ostseeraum ein. Es begann die deutsche Kolonisierung nach dem deutschen Recht. Erste der Kolonisierungsversuche unternahmen die pommerschen Klöster noch im 12. Jahrhundert. Eine starke Kolonisierungswelle kam erst in den Jahren 1220-1240. Vor 1250 wurden über Dutzend Städte nach dem deutschen Recht gegründet, unter anderem Szczecin (Stettin), Stralsund, Stargard, Pyrzyce (Pyritz), Greifs-wald und Anklam. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurden auch im östlichen Teil Pommerns Städte nach dem deut-schen Recht gegründet (Kolberg und Köslin). Kolonisierungsprozesse in Pommern stellten eine bedeutende Veränderung in der politischen Staatsform sowie im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben dar. Sie trugen auch zu einer allmählichen Ver-änderung der ethnischen Struktur bei. Pommern wurde einfach nach und nach mehr deutsch.

Die politische Vergangenheit Pommerns im 13. Jahrhundert und Anfang des 14. Jahrhunderts war bestimmt durch die Bemü-hungen um die Vereinigung des Staates, wie das zu Anfang der Regierungszeit Bogislaw IV. der Fall war, als der Staat nach dem meuchlerischen Mord Barnims III. (1295) in das Wolgaster Herzogtum (Bogislaw IV.) und das Stettiner Herzogtum (Otto I.) aufgeteilt wurde. Das Wolgaster Herzogtum war zu Anfang wirtschaftlich und politisch schwächer, aber zu Beginn des 14. Jahr-hunderts wurde es gestärkt, nachdem es aus den brandenburgischen Händen das Stolper Land, das Land Schlawe (1317) und das Herzogtum Rügen (1325) übernommen hatte. Im 14. Jahrhundert wurde der nächste Herrscher, Bogislaw V. gezwungen, weitere Aufteilungen des Wolgaster Herzogtums vorzunehmen (1365), die zum Ziel hatten, Landesteile für Wratislaw VI. und Bogislaw VI. abzutrennen. Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts herrschte eine starke Konkurrenz zwischen Pommern und Brandenburg, als die brandenburgischen Kurfürsten darauf abzielten, Pommern als ihr Lehngut zu gewinnen. Sie endete 1348, als Karl IV. die pommerschen Herzöge als direkte Lehnsmänner des Reiches anerkannte. Die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts war auch jene Periode, in der polnische Versuche, besonders von Kasimir dem Großen unternommen wurden, eine Annäherung mit den pommerschen Herzögen, insbesondere mit Bogislaw V., herbeizuführen. Es wurde eine Allianz zwi-schen Polen und Pommern im Jahre 1343 in Posen geschlossen.

Die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts brachte eine nachhaltige Zersplitterung der Wolgaster Linie des Greifengeschlechts in die Wolgaster und die Stolper Linie. Infolge dessen kam es zu einer weiteren Teilung des Herzogtums Wolgast. Das Herzogtum Stolp unterlag dagegen keinen dauerhaften Teilungen.

Im 14. und 15. Jahrhundert waren die Beziehungen zwischen Pommern und Brandenburg, trotzt abgeschlossener Friedensver-träge und Vermählungen, zumindest aus zwei Gründen angespannt. Der erste Grund war der Streit um die Neumark, die erst 1472 endgültig in die Hände der Brandenburger überging. Der zweite Grund für Antagonismen war der von den Hohenzollern erhobene Anspruch auf Lehnrechte für das Herzogtum Stettin. Endgültig bestätigte der brandenburgische Kurfürst, nachdem er die Unterstützung des Kaisers Friedrich III. bekommen hatte, mit den Verträgen in My¶libórz (Soldin) (1466) und Prenzlau (1472) die Lehnrechte.

In der wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere der pommerschen Städte im 14. und 15. Jahrhundert, muss auf die Rolle der Hanse hingewiesen werden. Vorübergehend, hauptsächlich in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, konnten sich die pommerschen Städte eine weitgehende Unabhängigkeit von der herzoglichen Macht erkämpfen, die aber, bis auf Stralsund, später eingeschränkt wurde. Im 15. Jahrhundert kam allerdings zu vielen Konflikten, sogar zu Konflikten mit Waffeneinsatz, zwischen den Städten und der herzoglichen Gewalt. Die Städte spielten auch in der Bildung durch Dom- und Stadtschulen eine bedeutende Rolle. Ein Ergebnis der Steigerung der Bildungsansprüche der pommerschen Bevölkerung war 1456 die Gründung der Universität Greifswald.

Das zentrale Ereignis im politischen Leben Pommerns an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert war die Vereinigung des Landes. Verdienste auf diesem Gebiet leistete Bogislaw X. Als er Pommern vereinigte, führte er einen Krieg und lag mit Bran-denburg wegen den von ihm erhobenen Lehnrechten auf Pommern in Fehde. Endgültig wurden er und seine Nachfolger auf-grund des Pyritzer Vertrages von 1493 von der Pflicht freigestellt, den Lehneid vor den Kurfürsten abzulegen. Der pommersche Herrscher verpflichtete sich dazu, keinem anderen Herrscher den Lehneid zu leisten. Bogislaw sprach sein Einverständnis mit der Brandenburgischen Sukzession in Pommern aus, falls das Greifengeschlecht aussterben sollte. Die Nachfolger von Bogis-law X. regelten dieses Abkommen 1529 durch den Abschluss des Vertrages von Grimmitz, der den Kurfürsten ihre Sukzessi-onsrechte in Pommern bestätigte. Pommern behielt den Status eines kaiserlichen Lehngutes. In den Beziehungen zwischen Pommern und Brandenburg spielte Polen eine wichtige Rolle. Das war u.a. auf dynastische Verbindungen zurückzuführen. Ein Ergebnis der guten polnisch-pommerschen Beziehungen war die Übergabe des Landes Lauenburg und Bütow als Lehngut an die Nachfolger von Bogislaw X., Georg I. und Barnim IX. Die Vereinigung Pommerns wies keinen nachhaltigen Charakter auf. 1532 kam es zur erneuten Teilung Pommerns. Barnim IX. erhielt das Herzogtum Stettin und der Enkelsohn von Bogislaws X., Philipp I, das Herzogtum Wolgast.

Ein wichtiges Ereignis in der Geschichte Pommerns im 16. Jahrhundert war die Reformation. Auf der Sitzung des Landtages in Treptow im Jahre 1534 beschlossen die Herrschenden trotz des Einspruchs des Camminer Bischofs und der negativen Reakti-onen eines Teils des pommerschen Adels, die lutherische Lehre einzuführen. Zum Reformator der Kirche in Pommern wurde Jan Bugenhagen. Der Sieg der Reformation blieb auf die Beziehungen mit Polen nicht ohne Einfluss. Die Glaubensunter-schiede hatten die Lockerung der bisherigen politischen und kulturellen Verflechtungen zur Folge. Pommern blieb im 16. Jahrhundert auch vom ersten Nordkrieg (1563-1570) wegen dominum maris Baltici nicht verschont. Der Kaiser wählte den Stettiner Herzog Georg Friedrich zum Schlichter und 1570 konnte der Frieden in Stettin geschlossen werden.

An der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert wurden die engeren Verbindungen zwischen Pommern und Schweden immer sichtbarer. Anfänglich hatten sie einen wirtschaftlichen Charakter. Die pommerschen Häfen belieferten die schwedische Armee, die mit Polen um die heutigen Gebiete Estlands und Lettlands kämpften. Eine führende Rolle in diesen Beziehungen übernahm Stralsund.

Der Dreißigjährige Krieg sollte sich für Pommern besonders folgenschwer erweisen. Pommern war auf den Krieg nicht vorberei-tet und anfänglich nahm es eine passive Position ein, ohne sich für eine der Seiten zu engagieren. Später, nachdem Schweden dem Krieg beigetreten war, wurde Pommern zum Tummelplatz für verschiedene Armeen, was Plünderungen und große Zerstö-rungen zur Folge hatte. Es genügt daran zu erinnert, dass Pommern in diesem Krieg ca. 40% seiner Bevölkerung verlor. Wäh-rend des Krieges starb 1637 der letzte aus dem Greifengeschlecht, Bogislaw XIV. Über die weiteren Geschicke Pommerns wurde im Zuge der langwierigen Verhandlungen in Münster und Osnabrück entschieden, die im August 1648 mit der Unter-zeichnung des Friedensvertrages, des sogenannten Westfälischen Friedens, beendet wurden. Artikel X des Friedensvertrages regelte die Angelegenheiten Pommerns. Die territoriale Aufteilung Pommerns zwischen Schweden und Brandenburg erwies sich folgenschwer. Schweden erhielt den westlichen Teil des Herzogtums samt Rügen, den Inseln Uznam (Usedom) und Wolin (Wollin) und der Odermündung mit den Städten Szczecin (Stettin), D±bie (Altdamm) und Goleniów (Gollnow) als erbliches und direktes Lehngut des Reiches. Im Gegenzug bestätigte Schweden den Einwohnern von Pommern für immer ihre Privilegien und Freiheiten, die sie unter der Herrschaft der Greifen genießen konnten. Brandenburg bekam den östlichen Teil Pommerns zuge-wiesen, das so genannte Hinterpommern mit Kamieñ Pomorski (Cammin). Die Frage der Trennungslinie zwischen den Ein-flussgebieten der beiden Länder wurde 1653 endgültig geregelt. In dem Brandenburg zugewiesenen Teil Pommerns, bis auf das Land Lêbork (Lauenburg) und Bytów (Bütow), begann der Prozess der Unifizierung, die sogenannte Brandenburgisierung. Der Kurfürst strebte nach einer vollen Kontrolle über die Zentralorgane seines Staates, was im Ergebnis zur Abschaffung der bisherigen staatlichen und rechtlichen Beziehungen führen sollte. Im 18. Jahrhundert wurde die Brandenburgisierung durch die Preußifizierung abgelöst, in der die Erziehung der pommerschen Gesellschaft durch die Armee ein wichtiges Element darstellte. Im schwedischen Pommern kam es dagegen zur Entwicklung von vielen Verflechtungen zwischen dem schwedischen und dem pommerschen Adel. Partikuläre Interessen des Adels in Pommern vertrat am deutlichsten der Kommandeur Carl Gustav Wran-gel. Zwischen den beiden Staaten kam es 1676-1677 zu einem Krieg, der an ihren Machtgebieten nicht viel veränderte, obwohl Brandenburg vorübergehend Stettin besetzte.

Der Anfang des 18. Jahrhunderts brachte einige Ereignisse mit maßgeblichen Auswirkungen auf die Geschichte Pommerns mit. Eines von ihnen war der Nordische Krieg, im Zuge dessen Preußen Stettin, die Odermündung und das so genannte Alt-Vorpommern besetzte. Das wurde später (1721) mit dem Frieden von Stockholm besiegelt. Damit begann der weitere Prozess der Verschmelzung Pommerns mit dem Organismus des preußischen Staates. Von den Ereignissen des 18. Jahrhunderts sind drei erwähnenswert. Preußen holte französische Hugenotten nach Pommern, die eine nicht zu überschätzende Rolle im wirt-schaftlichen wie auch im kulturellen Leben der Städte, insbesondere in Stettin, spielten. Zwar erwiesen sich französische Kolo-nien in anderen pommerschen Städten, außer Stettin, lediglich als eine Episode, aber in der Hauptstadt Pommerns spielten sie eine bedeutende Rolle. Ein anderes Ereignis, das seinen Ursprung im 18. Jahrhundert hatte, aber seine Auswirkungen darüber hinaus reichten, war die Entscheidung zum Bau einer Ostseeverbindung über die ¦wina (Swine) für den Stettiner Hafen. Weit-gehende Konsequenzen für Stettin hatte auch die Entscheidung zum Bau einer Festung.

Nach den Napoleonischen Kriegen ging infolge der Festlegungen des Wiener Kongresses der letzte Teil Pommerns, das so genannte Vorpommern, das Schweden gehörte, an Brandenburg über. In der neuen territorialen Form bestand Pommern bis 1938, als es um einen Teil der Grenzmark vergrößert wurde, aus der der Regierungsbezirk mit Sitz in Pi³a (Schneidemühl) gegründet wurde. Nach 1815 wurde Pommern zu einer Provinz mit Zentrallage im preußischen Staat. Die pommersche Provinz machte, ähnlich wie andere Teile des Königsreiches der Hohenzollern, staatliche, kommunale und wirtschaftliche Veränderun-gen durch. Trotzt der Veränderungen in der Verteilung von sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen in Pommern, behielt der Landbesitz seine Hegemonie. Im Hinblick auf das 19. Jahrhundert muss die Entwicklung von Stettin als Hauptstadt Pommerns zu einem modernen, großen Industriezentrum erwähnt werden, das wegen des Umschlagsvolumens vor dem ersten Weltkrieg zum drittwichtigsten Hafen des Deutschen Reiches wurde. Von den sozialen Prozessen verdient die Migration der Bevölkerung eine Aufmerksamkeit. Die Bevölkerung wanderte aus der Provinz aus und suchte nach besseren Lebensbedingungen in westli-chen Provinzen des Staates. Dieser Prozess wurde von der Provinzverwaltung "Ostflucht" genannt. An die Stelle der in den Westen bzw. jenseits des Ozeans ausgewanderten Einwohner von Pommern kamen seit den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts massenweise polnische Saisonarbeiter.

Die Situation Pommerns änderte sich erheblich nach dem ersten Weltkrieg. Die Provinz wurde zu einer der Grenzprovinzen Preußens und des Deutschen Reiches. Die Einschätzung der neuen politischen Lage war unterschiedlich und änderte sich je nach politischen Veränderungen in den deutsch-polnischen Beziehungen, wie auch innerhalb Deutschlands und in der Weltwirt-schaft. Es tauchte die Propagandathese von der polnischen Gefahr auf. Wenn man in die Vergangenheit Pommerns im 19. Jahrhundert und in die ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (bis 1945) zurückblickt, muss darauf hingewiesen werden, dass es über eine staatlich-organisatorische Klammer mit dem preußischen Staat und dann mit dem Deutschen Reich ziemlich stark verbunden war. Das wurde mit verschiedenen wirtschaftlichen Verflechtungen verstärkt, wie beispielsweise dem Schienen- und Straßennetz, dem steigenden Anteil der pommerschen Landwirtschaft am Austausch mit dem deutschen Binnenmarkt, den Kapital- und Finanzverflechtungen, insbesondere zwischen Stettin und den Wirtschaftskreisen aus Berlin, Düsseldorf oder Hamburg. Es kamen allerdings erhebliche große Diskrepanzen in der wirtschaftlichen Entwicklung zum Vorschein, die die Aus-wanderungswelle in die westlichen Provinzen auslösten.

Nach dem zweiten Weltkrieg trat Pommern in eine weitere wichtige Etappe in seiner Geschichte ein. Es wurde in einen Teil, der laut Vereinbarungen der Alliierten Polen zugewiesen wurde und in den deutschen Teil geteilt. Auf der polnischen Seite erfolgte ein vollständiger Austausch der Bevölkerung von Pommern. Hierher kamen Polen aus Zentralpolen und aus polnischen Ostge-bieten, für die Pommern mit seiner Geschichte und Kultur, aber vor allem mit seiner materiellen Kultur, ein unbekanntes Land war. Die ehemaligen Einwohner von Pommern wurden gemäß den Vereinbarungen der Alliierten von Jalta und von Potsdam hauptsächlich nach Schleswig-Holstein und Vorpommern umgesiedelt. Der Unterschied dieser Teilung Pommerns in der Nach-kriegssituation im Vergleich zu den alten Teilungen bestand darin, dass die neuen Einwohner auf der polnischen Seite keinerlei Verbindungen zur pommerschen Kultur und Geschichte hatten. Auf der polnischen Seite veränderten sich die historischen Grenzen Pommerns, beispielsweise durch die Einverleibung der Gebiete der Neumark mit Chojna (Königsberg), My¶libórz (Soldin), Choszczno (Arnswalde). Weitere Veränderungen kamen in Folge der Verwaltungsreformen und der Bildung von neuen Woiwodschaften. Heute gehören nicht zu der Wojewodschaft Zachodniopomorskie die östlichen Gebiete des historische Pommerns mit S³upsk (Stolp), Lêbork (Lauenburg) oder Bytów (Bütow). Es ist also offensichtlich, dass ohne die Kenntnis der Vergangenheit dieser Region nicht feststellbar ist, was pommersch ist.

 
 

© Zamek Ksi±¿±t Pomorskich w Szczecinie, 2006 zurück | hinauf