Griebenow - Herrenhaus
Beatrix Dräger
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Zweiläufige geschwungene Freitreppe mit putti,
1936 |
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Zimmer, um 1936 |
Etwa zehn Kilometer westlich von Greifswald liegt
das Herrenhaus in Griebenow umgeben von einem vierzehn Hektar großen Park,
der in der Barockzeit angelegt und später landschaftlich überformt worden
ist.
Der Oberkämmerer und spätere Kammerpräsident von Schwedisch-Pommern,
Gerdt Anton von Keffenbrinck-Rehnskiöld hatte das ruinierte und verschuldete
Gut 1648 von der schwedischen Königin Christina als Lehen bekommen. Die
1653/54 als Zentralbau errichtete Grabkapelle ist aus dieser Zeit erhalten.
Sein Sohn, Carl Gustav Rehnskiöld erbte die Griebenower Besitzungen 1702
und ließ auf den Grundmauern des Vorgängerbaues bis 1709 ein neues schlossartiges
Herrenhaus errichten, das sich stilistisch an schwedischen Vorbildern
orientierte. Als Vorbild für die schlossartige Anlage diente wohl das
1704 durch Nicodemus Tessin d.J. unter Mitwirkung von Göran Josuae Adelcrantz
erbaute Schloss Sturefors in Östergötland und die um 1702 errichtete Schlossanlage
in Lövstabruk, Uppland (Schweden). Wahrscheinlich ist der in Schweden
tätige Stralsunder Architekt Nicodemus Tessin d. J. auch als der Baumeister
des Griebenower Herrenhauses anzunehmen
Das Herrenhaus derer von Keffenbrinck-Rehnskiöld,
ein über einem hohen Kellergeschoß errichteter, zweigeschossiger, dreizehnachsiger
Putzbau mit dreiachsigem Mittelrisalit mit Giebel an der Hof- und Gartenseite,
unterscheidet sich insbesondere durch die Dachform von anderen Gutshäusern
und Schlössern in Mecklenburg und Pommern. Es handelt sich um ein abgestuftes
Walmdach, ein sog. Säteridach, eine Dachform, die im Lande sonst nicht
vorkommt und ihr Vorbild in schwedischen Schlossbauten des 18. Jahrhunderts
hat. Auf der Mitte des Daches befindet sich ein kleiner Glockenturm in
der Form eines Dachreiters.
Das Portal an der Hofseite ist mit dem von Hirschen
gehaltenen gräflichen Wappen des Erbauers Carl Gustav Rehnskiöld geschmückt.
Ursprünglich führte eine zweiläufige geschwungene Freitreppe mit sechs
Sandsteinputti, die die Allegorien der Wissenschaften darstellten, in
das Herrenhaus. Die Putti sind heute verschollen, die Treppenanlage wurde
ohne Bezug auf das historische Vorbild erneuert. Hofseitig vorgelagert
sind dem Herrenhaus zwei Kavaliershäuser, die barocke Vorgängerbauten
ersetzen und um 1850 erbaut wurden, sowie zwei barocke Remisengebäude
auf quadratischem Grundriss, sog. Meutetürme.
Im Gebäudeinneren sind Raumstrukturen und Ausstattungsteile
aus dem 18. und 19. Jahrhundert erhalten geblieben. Insbesondere der zentrale,
über zwei Geschosse gehende Festsaal mit seinen Stuckaturen und Marmorierungen
an Wänden und Decken, ist sehenswert. Über dem mittleren französischen
Fenster ist ein Monogramm mit den gespiegelten Initialen R und F für Rehnskiöld
und Funck angebracht.
Das Herrenhaus blieb bis zur Bodenreform in Familienbesitz
derer von Keffenbrinck. Nach dem 2. Weltkrieg wurde es verstaatlicht und
diente als Unterkunft für ein Müttererholungsheim und Genesungsheim für
TBC-Kranke. Nach 1958 lebten hier alte Menschen und Menschen mit Behinderungen.
Die zart gegliederte Putzfassade mit Putzspiegeln und giebelartigen Verdachungen
ist in den 1980er Jahren durch einen ungestalteten Zementputz ersetzt
worden. Leider wurden zudem nach 1990 auch die Fensteröffnungen verkleinert,
so dass die ursprünglich hohe architektonische Qualität und Wirkung des
Bauwerks heute eingeschränkt erlebbar ist.
1991-93 erfolgten Sanierungsmaßnahmen. Seit 1998 ist
das Herrenhaus nach 10 Jahren Leerstand privatisiert. Der Verein "Barockschloss
zu Griebenow e.V." betreibt hier eine Kultureinrichtung und setzt
sich engagiert für Instandsetzungs- und Restaurierungsmaßnahmen ein.
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